Wer hat denn zu Hause die Hosen an? Eine interessante Sache, dass die Hosen offensichtlich so deutlich auf die Rollenverteilung hinweisen können. In früheren Tagen war natürlich mit dem Hosen-Träger der Mann im Haus gemeint und damit, ebenfalls in früheren (und hoffentlich vergangenen Tagen) das Familienoberhaupt. Seit die meisten der heute lebenden Generationen denken können, ist diese Verteilung von Hosen und eben nicht Hosen aber im Alltag überhaupt nicht mehr so klar, wie das Sprichwort es gern hätte. Oder überlegt sich frau heute noch, dass es provokativ sein könnte, wenn sie sich morgens in ihre Jeans wirft? Dass das Bild aber in den Köpfen immer noch da ist, zeigt das Verständnis des Sprichwortes allemal. Und wer wusste, dass in Frankreich erst m 31.1.2013 ein gesetzliches Verbot aufgehoben wurde, dass den Pariserinnen nicht erlaubte, Hosen zu tragen?
In der Oper sind Hosenrollen eben die Rollen, in denen eine Frau in die Rolle eines Mannes schlüpft. Das kann sein, um eine frühere Kastratenrolle einzunehmen, oder um einen Jüngling darzustellen, dessen Stimme noch in der gleichen Höhe erklingt wie diejenige der Mädchen. Letzteres ist der Fall bei „Hänsel“ in Humperdincks „Hänsel und Gretel“.
Diese hochromantische Oper legt die Basis für die diesjährige Produktion von Operetta Ardez. „Hänsel e Grettina“ wird im Sommer am 3.8., 4.8., 9.8. und 10.8. in Ardez unter der Burgruine in der Natur erklingen, als grosses musikalisches Festmahl. In der typischen Operetta Ardez-Manier wird der Musik von Humperdinck eine Vielzahl von Stücken in verschiedener Stilistik und Thematik zur Seite gestellt. Wir freuen uns auf eine schrecklich nette „Opera da famiglia“ mit bekannten Gesichtern von Operetta Ardez, ein Kinderchor aus der Region und einem hochkarätigen Ensemble unter der Leitung der phantastischen Dirigentin Zoi Tsokanou. Die Regie von Ivo Bärtsch garantiert einen unterhaltsamen Abend und der spektakuläre Plan Plaz in Ardez eine unvergessliche Kulisse.
Ein Ausflug ins Engadin lohnt sich auch für längere Zeit: neben den Opervorstellungen findet auf Plan Plaz auch das FesCHtival da Pop mit zwei erlesenen Konzerten statt.
Infos und Tickets über www.operetta-plazzetta.ch
Von Fäusten und dem Halleluja
Liebe Bud Spencer-Fans und liebe alle, die es nicht sind…
Donizetti war es langweilig, irgendwie fehlte ihm der kreative Output. Dies übrigens ein Problem, das Kreative ab und zu haben – wir kennen es alle. Auf jeden Fall bat Donizetti in seiner Verstimmung den befreundeten Librettisten Gustave Vaëz um einen komischen Stoff, damit er etwas zu tun hatte. Dieser arbeitete daraufhin eine Geschichte aus, in der zwei Männer unter umgekehrtem Vorzeichen um ihre gemeinsame Ehefrau spielen – wer verliert darf gehen, wer gewinnt muss sie behalten. Damit diese Pointe funktionieren kann, muss eine haarsträubende Vorgeschichte her: Rita wurde von ihrem ersten Mann Gasparo geschlagen. Um dieses Schicksal nicht noch einmal zu erleiden dreht sie, nachdem ihr erster Mann bei einem Unfall stirbt, den Spiess in ihrer zweiten Ehe um und schlägt jetzt ihren neuen Mann Beppe. Nun will es der Zufall (oder eher der Plot…), dass Gasparo gar nicht starb sondern untertauchte und genau im neuen Gasthaus von Rita auftaucht (das alte verbrannte leider…) um die Sterbeurkunde von Rita zu besorgen weil er glaubt, dass sie auch beim Brand gestorben ist. Keiner von den beiden möchte also mit Rita verheiratet bleiben und deshalb spielen die Männer darum, wer sie los werden kann. Vaëz nimmt so die gängigen Motive der Opernliteratur aufs Korn und Donizetti vertont sie binnen einer Woche mit den schönsten Belcantomelodien. Danach verschwindet das „Rita ou Le mari battu“ in einer Schublade und wird erst posthum uraufgeführt.Im Original spielt das Stück in Bergamo – einer norditalienischen Stadt mit ausgeprägtem Sprachduktus. Und genau dieser ist es auch, der das Stück für meine Ohren so speziell macht. Donizetti setzt Linien und Worte so zusammen, dass ganze Passagen mich in die gute Stube meiner Grossmutter zurückversetzen. Ausserdem strotzen Plot und Musik nur so von italienischem Humor – ein Humor, der vielen auch von den guten alten Bud Spencer- und Terence Hill-Filmen bekannt sein dürfte. Warum also nicht die beiden miteinander verbinden? „2 Gehörnte für ein Halleluja / 4 cornas per ün Halleluja“ ist eine Produktion von Operetta Ardez, die mit ihrem neuen Format „in viadi“, also auf Reisen geht. Die Musik Donizettis wird hier in alle Richtungen erweitert: von Händel nach Cohen über Verdi nach Franklin, von Wagner nach Grönemeyer und Kravitz und noch so viele mehr…Szenisch verbindet sich Opera buffa mit modernem Theater und den eben genannten Bud Spencer-Filmen. Entstanden ist eine wirklich lustige, wirklich reichhaltige, 90 Minuten dauernde Oper, in der für (fast) jeden etwas dabei ist. Ich fühle mich als Rita hier auf jeden Fall sehr zuhause und möchte Euch in diesem Sinne einladen, mich an einem der folgenden Daten zu besuchen:14.9.23 um 20:00 bei der Premiere im Zuoz Globe15.9.23 um 20:00 im Zuoz Globe21.9.23 um 20:00 im HIF in Ftan29.9.23 um 20:00 in der Postremise in Chur
Eine Rabenschwarze Winterreise
Von verzauberten Flöten und gesungenem Spiel
Liebe verspielte, verzauberte und ernste Menschen
Ein Traum
Mythen, Sagen und Fabeln auf der einen Seite, menschliches Verhalten in allen Facetten auf der anderen – so die Zutaten für Shakespeares Sommernachtstraum. In Zug wird dieser ausserdem noch mit einer Auswahl der dazu komponierten Musik ausgestattet und mit Akrobatik gewürzt. Ein Reiches Mahl für Augen und Ohren also. Damit dabei der Magen nicht zu kurz kommt, werden die Gäste mit einem auserlesenen Picknick-Korb versorgt und mit feinsten Getränken verwöhnt. Einzig die Kunst zu entsagen könnte hier ein Grund sein, dem Spektakel fern zu bleiben….
Es tanzt der Bär
Ein Einakter – vermeintlich wenig Musik und ein eingängiger Plot.
Tschechow beschreibt in seiner kleinen Vaudville eine trauernde Witwe, die sich geschworen hat, nicht mehr aus dem Haus zu gehen. Sie wird aber von einem Gutsbesitzer aufgesucht, der sie um das Geld bittet, welches ihr verstorbener Man ihm schuldet. Sie kann nicht zahlen, er braucht es jetzt. Der Streit kann beginnen. Und dauert gut eine Stunde bis sich die zwei fast duellieren und dafür ineinander verlieben.
Auch Waltons Musik ist eigentlich eingängig – bedient er sich doch frisch und froh eines breiten Spektrums aus der Musikgeschichte. Und doch:
Tschechows Charaktere sind so differenziert gemalt, Waltons Musik so raffiniert komponiert, dass man selbst nach Wochen der Proben noch an Details arbeitet. Und langweilig wird es dabei nie. Ein wahrlich gelungenes Stück, das vom 12.-22.9. in der Heubühne erklingt.
Anything goes – Interview mit Gianna Lunardi für Prima Volta
Gianna Lunardi:Unser Programm hält eine bunte Mischung an musikalischen Epochen und Stilistik für das Publikum bereit. Uns fasziniert die Möglichkeit, verschiedenste Stücke zu kombinieren und z.B. ein romantisches Quartett neben ein close-harmony-Stück zu setzen. Dies ermöglicht dem Publikum, mit „geputzten“ Ohren den verschiedenen Stücken zu lauschen und so alles ein wenig anders zu hören als normal.
Gleichzeitig versuchen wir auch aus der starren Konzertsituation herauszukommen und für jedes Stück ein adäquates Setting zu finden. Das Publikum hat aber dabei nichts zu befürchten…
PV: Was verbindet euch alle oder warum bildet ihr zusammen das Ensemble Syrinx?
GL:Uns verbindet eine grosse Freude an der kammermusikalischen Tätigkeit und die Liebe zur Musik, die wir zusammen auswählen.
Kammermusik bietet eine einmalige Gelegenheit, als SolistIn die Gratwanderung zwischen der aktiven musikalischen Gestaltung und dem Abgeben von Kontrolle zu meistern. Unsere Arbeit geschieht immer basisdemokratisch, was zuweilen schon dazu führen kann, dass die Fetzen fliegen – aber genau deswegen stehen wir dann mit einem guten Resultat auf der Bühne. Es ist wohl dieser Wunsch nach einem tieferen Verständnis der interpretierten Musik, der uns alle bei der Stange hält. Daran wachsen wir gemeinsam und auch jeder für sich.
PV: Interpretiert ihr lieber neue oder alte Musik – oder wie ist euer Repertoire zustande gekommen?
GL:Unser Repertoire ist wohl deswegen so breit, weil wir alle sehr neugierig und offen an die verschiedenen Stile herangehen und auch jeder von uns ein anderes Spezialgebiet hat, von dem das ganze Ensemble dann profitiert.
PV: Was muss ein Stück leisten, damit es in euer Repertoire aufgenommen wird?
GL:Es muss schön oder spannend sein, den jeweiligen Stimmen gerecht werden und alle müssen damit einverstanden sein, dass wir es machen. Angefangen hat Syrinx mit den Liebesliederwalzern von Brahms, die zum Standardrepertoire in der Quartett-Literatur gehören und die man, wie wir finden, unbedingt gemacht haben muss. Zu diesen Standardwerken kombinieren wir dann andere Werke, die einen Kontrast setzen oder ergänzen. Häufig schlägt jemand von uns etwas vor, wir singen es dann in einer Probe an und entscheiden, ob es funktioniert.
Ein spannendes und für uns neues Projekt erwartet uns im nächsten Jahr: Wir werden mit dem Saxophon-Quartett Strax Bravura ein spielerisches Programm ersinnen und die Kombination von Doppelquartett in ihren Möglichkeiten erforschen.
PV: Was ist euer grösster Erfolg bzw. wann empfindet ihr einen Auftritt als gelungen?
GL:Ein gelungener Auftritt ist für uns, wenn wir auf der Bühne Spass haben, uns gegenseitig gut spüren und der Funken auf das Publikum überspringt.
Gianna Lunardi ist Mezzosopran im Ensemble Syrinx und spricht für alle Mitglieder.
Homepage Prima Volta: http://prima-volta.ch/wie-man-zu-geputzten-ohren-kommt/